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Nachdem sich die beiden ersten Berichte mit der besonderen Bedeutung des Gemeindewaldes Eichenzell für die Bereiche "Naturschutz" und "Waldpädagogik" befassten, soll nun im letzten Teil der Trilogie die "Holzernte" angesprochen werden.
Die Ernte oder auch die Nutzung des unvergleichlichen Rohstoffes "Holz" ist auf den 316 ha gemeindlicher Wälder kein Nebenschauplatz forstlichen Handelns. Vielmehr ist sie sowohl konsequente Erfüllung eines gesetzlichen Auftrages zur Waldpflege als auch regelmäßige finanzielle Einnahmequelle für die Waldbesitzerin "Gemeinde Eichenzell".
Basis hierfür ist eine 10-jährige Planungsgrundlage, an welcher sich die den Gemeindewald betreuende Revierförsterei verbindlich zu orientieren hat und die dem Grundsatz der Nachhaltigkeit oberste Priorität einräumt.
"Nachhaltigkeit" bedeutet, dass nicht mehr an Holzmasse entnommen werden darf, als nachwächst.
Erst Mitte des ablaufenden Jahres 2016 wurde dieses neue, aufwändige Planungswerk von Hessen-Forst an Bürgermeister Dieter Kolb übergeben.
Konkret heißt das für den Gemeindewald Eichenzell, dass pro Jahr durchschnittlich 1688 m³ Holz eingeschlagen werden dürfen und sollen. Dabei kann diese Zahl von Jahr zu Jahr je nach Holzmarktlage variabel behandelt werden, um jedoch nach 10 Jahren Laufzeit die Zielvorgabe zu erreichen.
In den Jahren 2011 bis 2015 lagen für die Gemeinde Eichenzell die Einnahmen aus Holzverkäufen bei insgesamt 477.955 Euro, was einem jährlichen Schnitt von 95.591 Euro entspricht.
Von diesen Einnahmen sind Ausgaben zu begleichen etwa für Unternehmer-Einsätze, Waldpflege- und kostenträchtige Läuterungsmaßnahmen, Wegebau, Naturschutz-Projekte oder auch, wie jüngst geschehen, für Beteiligungen an Kalkungs-Aktionen im Wald.
Motormanuelle Aufarbeitung
Die klassische Form der Aufarbeitung des Holzes wird von bestens ausgebildeten und erfahrenen Forstwirten vorgenommen.
Da die Gemeinde Eichenzell keine eigenen Forstwirte beschäftigt, werden alle Einsätze von Unternehmern ausgeführt, welche die strengen Qualitätsstandards der Zertifizierungs-Stellen erfüllen müssen. Diese dienen nicht zuletzt ihrer eigenen Sicherheit, denn die Waldarbeit zählt zu den gefährlichsten Tätigkeiten überhaupt.
Der Forstwirt fällt eine starke Buche. Erst mit dem jetzt entstehenden Lichtschacht haben die unzähligen darunter verharrenden jungen Buchen ihrerseits die Chance, sich zu großen Bäumen zu entwickeln.
Hochmechanisierte Aufarbeitung
Selbst wenn der Einsatz einer Vollernte-Maschine, auch "Harvester" genannt, dem Sinn vieler Bürger nach Stille und Romantik im Wald verständlicherweise widerspricht, ist er aus einer kostenorientierten Forstwirtschaft nicht mehr wegzudenken.
Die Maschine fällt und entastet den Baum in einem Arbeitsgang, um ihn anschließend den unterschiedlichen Käuferwünschen entsprechend einzusägen. In Minutenschnelle werden daher Sortimente gebildet für die Bauholz-, Paletten-, Papier- oder Spanplatten-Industrie.
Egal, ob es sich um einen kleinen Schlepper oder um eine tonnenschwere Holzrücke-Maschine handelt: Aus Gründen des Bodenschutzes darf der Waldboden nur auf zuvor vom Revierförster festgelegten, markierten Arbeitsgassen befahren werden, die gewisse Mindestabstände nicht unterschreiten dürfen. Die Einhaltung dieser strengen Vorgaben wird von den Zertifizierungs-Stellen regelmäßig überprüft.
Verwirrendes Farb- und Zeichenspiel im Wald:
Vom Förster aufgetragene, weiße Querstreiche zeigen dem Maschinenfahrer, dass er nur hier und nirgendwo sonst entlangfahren darf.
Rote Punkte bezeichnen die wertvollsten Bäume in einer festgelegten räumlichen Verteilung, und rote Striche markieren die zu fällenden Stämme, welche die besseren, gepunkteten in ihrer weiteren Entwicklung behindern.
Jahr für Jahr werden aus dem Gemeindewald Eichenzell auch die von der Bevölkerung kommenden Nachfragen nach Brennholz erfüllt. In den Jahren 2011 bis 2015 wurden von zuvor für die Brennholz-Aufarbeitung geschulten Bürgern eine insgesamt 2500 Meter lange und ein Meter hohe Holzbank für die heimischen Öfen aufgearbeitet.
Die vielseitige Verwendbarkeit der unterschiedlichen Holzarten ist faszinierend:
Buche, Ahorn und Eiche, und was man daraus herstellen kann:
Buche: z.B. Möbel, Fußböden, Treppen, Furniere, Zellstoff.
Bergahorn: z.B. Musikinstrumente, Möbel, Fußböden, Furniere.
Eiche: z.B. Möbel, Fußböden, Fässer, Türen, Fenster.
Welchen Weg wird die Forstwirtschaft künftig einschlagen?
Wer mit dem Rohstoff Holz arbeiten darf, kann sich glücklich schätzen. Kein anderer Stoff kann ihm das Wasser reichen; kein anderer ist so vielseitig, ästhetisch und ökologisch so wertvoll.
Jedoch ist der Weg einer geregelten Nutzung von Bäumen und damit von Holz nicht immer einfach zu begehen:
Innerhalb der Bevölkerung beanspruchen viele Interessensgruppen die weiten Räume auch des Eichenzeller Gemeindewaldes, wie beispielsweise Spaziergänger, Wanderer, Jogger, Hundeführer, Reiter, Jäger, Mountainbiker oder Geocacher.
Irgendwo dazwischen wollen und sollen die Waldbesitzer auch noch Holz ernten. Dafür aber wird die Zeit immer knapper, wenn etwa die kalten Winter ausbleiben und die Böden für einen Wald- und Wege-schonenden Maschinen-Einsatz nicht mehr vereisen, oder wenn auf die Brutzeiten von Schwarzstorch, Kolkrabe, Waldohreule oder Rotmilan Rücksicht zu nehmen ist.
Zudem gilt es besonders in städtischen Bevölkerungsschichten nicht gerade als chic, Bäume zu fällen.
Gesunde Dachbalken, ausreichende Papiermengen, elegante Treppen, helle Möbel, atmosphärisches Parkett, geschmeidige Musikinstrumente: Ja! - Aber Bäume fällen?
Ständig neue Forderungen von Naturschutz-Verbänden verlangen, dass immer größere Laubholzflächen vollständig aus der Nutzung genommen werden.
Und (forstliche) Bestseller-Autoren beschreiben, selbstverständlich unter Bezug auf vermeintlich wissenschaftliche Erkenntnisse, die emotionale Beseeltheit der Bäume, indem sie deren Kommunikationsfreude darstellen etwa beim Austausch von Gefahren und damit vielleicht auch beim Anrücken eines Forstwirtes oder gar eines Harvesters.
So gesehen, gerät jede Baumfällung zu einem ethischen Problem, und es stellt sich die Frage, wo, wenn nicht bei uns und vor Ort, die Bäume wachsen sollen, die unsere nur allzu verständliche Vorliebe für Holzprodukte befriedigen mögen:
Etwa im Ausland, wo die Standards der Zertifizierer womöglich nicht so konsequent angewandt werden wie im eigenen Land und wo uns die hierzulande längst verbotenen Kahlschläge nicht so unmittelbar und störend ins Auge springen?
Innerhalb unserer vielen, auf engem Raum agierenden und oft genug miteinander konkurrierenden Interessensgruppen bedarf es vieler Kompromisse.
Im Spiegel der Dynamik gesellschaftlicher Prozesse wird uns klar werden, was wir künftig von unserem Wald haben wollen und worauf wir glauben, verzichten zu können.
Norbert Hahnel
Heimatmuseum Eichenzell